Die Autorin
Dr. Silke Kral
Dr. phil., M.A., Kulturwissenschaftlerin/
Leiterin des „Wilhelm Ostwald Park Großbothen, Gerda und Klaus Tschira Stiftung“, Museums- und Tagungsstätte in Sachsen
Nach dem Studium der Volkskunde, Germanistik und Neueren und Neuesten Geschichte in Freiburg i.Br. wissenschaftliches Museumsvolontariat. Promotion an der Christian-Albrechts- Universität zu Kiel. Professionelle Projektentwicklung, Projektorganisation und Projektbegleitung für Museen, Wirtschaft und Industrie, Verlag und Rundfunk. Seit 2006 Organisation verschiedener Veranstaltungen zu Sterben, Tod, Trauer und Abschied nehmen; Veröffentlichungen und Vorträge.
Die Katholische Kirche und die Evangelische Kirche akzeptieren die Feuerbestattung erst in jüngerer Vergangenheit. Dabei legen sie Wert darauf, dass die Hinterbliebenen am Abschiedsprozess teilhaben können.
Einst von der christlichen Kirche als heidnisches Ritual verworfen und verfolgt, ließ Karl der Große die Einäscherung im 8. Jahrhundert unter Androhung der Todesstrafe verbieten. Der Körper müsse
bei der „Auferstehung“ verbrannt werden; die Kirche instrumentalisierte sodann die Verbrennungen der vermeintlichen „Ketzer“.
Einäscherungen widersprachen nicht zuletzt dem Reliquienkult, der mit der Verehrung der Märtyrergebeine in der Alten Kirche eingesetzt hatte. Dennoch blieb die Leichenverbrennung in einzelnen
Regionen Europas bis ins 13. Jahrhundert hinein bekannt.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass erst wieder im 17. und 18. Jahrhundert – im Sinne der Aufklärung, Revolution und dem neuen Interesse an antiker Kultur – Stimmen laut wurden,
die sich für die Feuerbestattung aussprachen. Die Kirchen bezogen erst spät Position: 1885 verbot der altpreußische Evangelische Oberkirchenrat jede Beteiligung von Geistlichen an einer
Feuerbestattung; 1898 sprach sich die Eisenacher Konferenz der evangelischen Landeskirchen für ein Verbot der Feuerbestattung aus; 1911 ermöglichte die Kirche der altpreußischen Union ihren
Geistlichen unter gewissen Bedingungen die Mitwirkung an der Trauerfeier; 1886 erließ die Katholische Kirche das strikte Verbot der Feuerbestattung. Erst 1964 hob sie dieses Verbot offiziell
wieder auf.
Generell hängt die Bevorzugung der Leichenverbrennung oder Körperbestattung eng mit den Jenseitsvorstellungen zusammen. Die Ethnologie beispielsweise benennt hierbei die Furcht vor dem Toten als
so genannter Wiedergänger. Man gebe der Seele in der Verbrennung die Möglichkeit, den Wohnsitz Körper schnellstens zu verlassen, um nicht wiederkehren zu müssen.
Mit dem Buddhismus breitete sich die Leichenverbrennung von Indien über den asiatischen Kontinent aus. Während die Einäscherung bei Hindus und Buddhisten in der Gegenwart die übliche Form der
Bestattung ist, ist sie bei orthodoxen Juden grundsätzlich nicht erlaubt. Auch der Islam kennt nur die Erdbestattung.