Das Museum für Sepulkralkultur widmet sich in der interdisziplinären und multimedialen Ausstellung LAMENTO–Trauer und Tränen mit einer Auswahl von internationalen zeitgenössischen Kunstwerken, einem Filmprogramm, Lesungen, einem Konzert und Interventionen im öffentlichen Raum dem kollektiven und individuellen Erleben der Trauer.
Ausstellungsdauer: 16. November 2019 - 15. März 2020
Die Menschheitsgeschichte ist geprägt von Transformationsprozessen und traumatischen Verlusterlebnissen. Naturkatastrophen, Kriege, Unfälle, Flucht, Krankheit, Seuchen und das Alter konfrontieren den Menschen mit seiner Endlichkeit, mit dem Tod. Ständige Entbehrungen fordern die Menschheit heraus, Veränderungen und Verluste zu bewältigen und zu akzeptieren, indem sie seit Generationen unterschiedlichste Kulturformen der Trauer, der Erinnerung und des Gedenkens praktizieren und leben. Religiöse und ideologische Traditionen, private Emotionalität und gesellschaftliches Prestigedenken sind treibende Kräfte, die der sepulkralen Kultur fortwährend neue Ausdrucksformen verleihen.
In diesem Dreiklang entwickelte sich über Jahrhunderte ein normatives Leitbild der zeremoniellen Abschieds- und Gedenkrituale, die bis ins 21. Jahrhundert, wenn auch in reduzierter und transformierter Form, nachwirkt und die von der bürokratischen Reglementierung und der technisch-hygienischen Rationalität im Umgang mit dem Leichnam maßgeblich beeinflusst wurde. Historisch gesehen befindet sich die dem Verlusterlebnis folgende Trauer- und Gedenkkultur in einem ständigen Wandel, der zeitgeschichtliche, gesellschaftliche, politische und ideologische Phänomene reflektiert und repräsentiert.
Die Sammlung des Museums für Sepulkralkultur beherbergt schriftliche und bildhafte Zeugnisse, die Trauerkultur nachvollziehbar machen und Objekte, die sepulkrale Rituale und Zeremonien begleiten.
Diese historischen Quellen des Museums bilden den kulturhistorischen Referenzraum für die künstlerischen Werke. Einerseits werden bereits existierende Arbeiten gezielt für die Ausstellung
ausgewählt und mit Objekten der Sammlung in Beziehung gesetzt und andererseits haben die eingeladenen Künstler*innen die Möglichkeit, im Kontext der Sammlung des Museums zu recherchieren, auf
spezifische Sammlungsstücke Bezug zu nehmen und in Korrespondenz mit historischen Artefakten neue Arbeiten zu entwickeln.
Zu sehen sind grafische Arbeiten, Fotografien, Videos, Skulpturen, konzeptionelle Werke und Interventionen auf Werbeflächen im öffentlichen Raum, die die atmosphärischen Facetten des Trauerns
thematisieren. Zu der Ausstellung ist eine begleitende Broschüre erschienen, die den Besucher*innen einen Zugang zu den Werken und Themen der Ausstellung ermöglicht.
„Trauerarbeit ist Tränenarbeit. Die Kulturgeschichte der Träne und des Weinens ist Teil einer vielstimmigen Erzählung von Trauer, Tod und Verlust, der sich das Museum für Sepulkralkultur verschrieben hat.
Es ist eine ausgezeichnete Idee des Museums, den kulturhistorischen, repräsentativen Zeugnissen der Toten- und Trauerkultur in der Ausstellung 'Lamento - Trauer und Tränen' ausgesuchte Werke
zeitgenössischer Kunst an die Seite zu stellen, die sich mit der individuellen und berührenden Ausdruckskraft der Tränen auseinandersetzen“, hebt Eva Claudia Scholtz, Geschäftsführerin der
Hessischen Kulturstiftung, hervor.
Das kuratorische Team der Ausstellung sind Kunstwissenschaftler und Direktor des Museums für Sepulkralkultur, Dr. Dirk Pörschmann, Künstlerin Ella Ziegler, Volkskundlerin Dr. Ulrike
Neurath, Kultur- und Relgionswissenschaftlerin Tatjana Ahle M.A. und Kunstpädagoge Gerold Eppler M.A.
Folgende künstlerische Positionen werden in der Ausstellung präsentiert:
Bas Jan Ader (NL) / I'am to sad to tell you, 1971 (Filmprojektion, Postkarte)
Mathilde ter Heijne (NL) / Lament, Song
for Transitions, 2014 (Video)
Ella Ziegler (DE) / Stone of Tears, 2018 (Video)
Nina Jansen (DE) / Ohne Titel (Taschentuch bestickt) (Objekt)
Dieter Roth (CH) / Das Tränenmeer (Anzeigen in
Tageszeitung)
Nancy Borowick (US) / THe Family Imprint, 2017 (Fotografie)
John Moore (US) / Weinendes Kind an der Grenze / Fotografie / 2019
Urs Lüthi (DE) / Lüthi weint auch für sie /
Fotografie / 1970
Begleitprogramm
12.11.–2.12.2019
The Family Imprint |Intervention
Fotografien von Nancy Borowick auf Großplakatwänden im öffentlichen Raum, Kassel
28.11.2019
Zwischen Himmel und Hölle | Konzert |
20 Uhr LAMENTO PROJECT | Berlin
Claudio Puntin mit Ensemble
4.12.2019
Letzte Meile | Lesung |
19.30 Uhr
Maria Knissel liest aus ihrem Buch über den familiären Verlust eines Kindes.
2.2.2020
Adieu Benjamin | Puppentheater
Compagnie Les Voisons
Frei nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Willy Schuyesmanns, ab 7 Jahren
5.2.2020
Überleben | Lesung und Musik
Karin Nennemann liest aus Hanna Kralls Die aus Hamburg und Bitte ganz kurz
aus dem Band: Tanz auf fremder Hochzeit
Musik: Nina Osina, Violine
Eine Veranstaltung des Evangelischen Forums, Kassel
Die Ausstellung wird unterstützt von der Hessischen Kulturstiftung, der Stiftung Deutsche Bestattungskultur, der Kasseler Sparkasse, der Gerhard-Fieseler Stiftung und STRÖER